Maple Leaf

Wednesday, August 01, 2007

Käffchen oder Kaff ?

Da steht Sie nun vor mir, die gestrengene Reisende vom alten Kontinent.
Der ergraute Schopf, mit einem seichten Scheitel bedeckt, läßt die hohe Stirn nicht nur erahnen, leider ! Ihr Mann, ihr Gatte, sie reisen als Lebensabschnittsgefährten, wird mir gleich voller Stolz seine Herkunft auf das Formular pressen. Aus Essen kommen wir, freut er sich. Da schüttelt sich sogleich ihr Scheitel vor Freude, um alsbald in die gesprayte Urstellung zurück zu fallen. Ihr Blick wandert bereits gelangweilt. Die vielen Bilder in ihren schicken Rahmen genügten nur einen kurzen Moment. Er, der stolze Essener, beginnt sogleich mit seine Ansprache. Wie ich sie alle mag, die prachtvollen Erzählungen aus vergangenen Zeiten, ich mag wirklich sehr. Selbständig sei er gewesen, sehr erfolgreich dazu und Kinder hätten sie auch. Freundlichst beglückwünsche ich Ihn ! So lasse ich ihn auch in seinem Erfolg sonnen, gönne es ihm, verfolge aber andere Ziele. Ich muss beichten ! Sie könnten ihr Zimmer noch nicht beziehen, leider. Sein fülliges Gesicht zieht sich zusammen. Es gefällt ihm nicht, was er da hört.
Dann, ein Laut: "Das ist ja eine Frechheit" ! Weiterer Ereiferung komme ich zuvor. Zu mehr möchte ich nicht kommen lassen, nicht um diese Zeit. Freundlich, noch immer, wie immer, präsentiere ich meine Uhr. Sie zeigt 8.15 Uhr, morgens! Sein Zimmer werde noch von Gästen besetzt, schlafenden Gästen um genauer zu sein. Seine grau-gescheitelte Dame, geschwind dem Tone folgend herbei geeilt, steht ihm sogleich bei. Sie seien, die Fährgesellschaft sei Schuld, schon des Nächtens aufbrechen müssen und nun müde. Wenn jemand deren Sorgen kennt, ja dann wohl ich, denke ich mir.
Ich bedauere laut diesen Regelverstoß an Ihnen. Wo aber Reisende noch ihren wohlverdienten Schlaf genießen ist halt kein Platz, jetzt! Man versteht es nicht. Noch schlimmer.
Man will es nicht verstehen. Ob andere Zimmer zur Verfügung ständen wird beinahe simultan der Raum beschallt. Oh Lord, denke ich mir. Leider nein, es ist leider zum jetzigen Zeitpunkt kein Zimmer verfügbar, entgegne ich. Aber ihr Reiseschein, der so wichtige Voucher, erlaube es ihnen aber doch im Hotel zu schlafen, bescheinigen sie mir zum wiederholten Male. Ein Hin und Her bahnt sich an. Die Luft wird dünner, der Stolz schnaupt und pocht leicht mit seinem wunderschönen Siegelring aufs Glas. Und nun, ich ahnte es bereits, möchte er den Verantwortlichen sprechen. Ich winde mich, nur kurz, gebe mir Zeit. Das Frühstück läuft seit 45 Minuten! Ohne meine Hilfe!

Geübt, leider, mit den Deutschen, erlaube ich mich kurz vorzustellen. Das dies keine Jubelstürme verursacht, naja, schon klar. So erkläre ich ausführlich die Situation. Als Puffer streue ich die ... "Auf der ganzen Welt können sie normalerweise nie vor 13Uhr in ein Hotelzimmer einchecken" ... Mitleidstour ein. Nein ertönt es, nein, wir, auf unseren vielen Reisen, hätten Sie schon immer sehr zeitig die gewünschten Räume beziehen können.
Die offentsichtliche Nicht-Akzeptanz macht mich ja gerade an. Es nützt nichts. Der Zeiger der Uhr überholt in wenigen Momenten die 9 und wir haben noch sechsundzwanzig Gäste auf dem Plan. So verweise ich freundlich auf ihre Reiseunterlagen , gebe unsere Präambel ein letztes Mal zum besten und freue mich sie am Nachmittag erneut anzutreffen.

Pikiert, in seiner Wertschätzung erniedrigt, hören die anwesenden Gäste ein letztes "Ich werde mich beschweren", ehe die Eingangstür die allmorgendliche Ruhe beschert. Kaum ist die Tür ins Schloss gefallen, blicke ich in offene Gesichter. Nein, so etwas hätten sie auch noch nicht erlebt, meint ein älteres Paar aus Hamburg. Und die Familie aus der Schweiz versteht den Aufstand sowieso nicht, sie wollen ihr Fühstück geniessen. Recht so, denk ich mir. So vergeht, den "Vorgang" schnell vergessend, der Vormittag sehr rasch.

Früher Nachmittag. Mietfahrzeuge erkennt das geübte Auge recht schnell.
Die Tür fliegt auf, das Hallo vom Morgen wird scheinbar in den Nachmittag eingerechnet.
Herr und Frau Essen durchqueren zügigen Schrittes die 2,50m tiefe Eingangshalle. Ob, was auch sonst, denn ihr Zimmer, ENDLICH, bezugsfertig wäre. Und auch sonst mißfiele Ihnen meine Art doch sehr. Die offene Form, Fakten verständlich darzulegen, sei ihm zuwider.
ENTSCHULDIGUNG !!!

Das Sie einer effizienten Aunutzung der knappen Zeit entgegenstehen, will ich denen nicht erklären. In keiner Sekunde nahmen diese "Deppen" Rücksicht auf die Zeit anderer, nur weil das eigene Ego nicht warten möchte. Diese Eigenart stellen wir bei sehr vielen deutschen Gästen fest. Der Selbstzweck heiligt die Mittel, ein moralisch motiviertes Handeln gegenüber anderen stellt sich nicht. Diese scheinbar verlernte Höflichkeit ist ärgerlich.
So ärgern wir uns häufig über die Unpünktlichkeit der Nordamerikaner, deren fehlende Tischmanieren und vergessen vor lauter Arroganz den eigenen Hof !

Als Dankeschön wird am nächsten Morgen, zwischen Kreditkarte und freundlicher Wegerklärung, auch die hervorragende Lage Haines Junction angepriesen.
"Wie halten Sie es in diesem Kaff nur aus? Ich habe schon nach einem Tag die Sehnsucht es zu verlassen!" Dies taten sie dann umgehend. VIELEN DANK !!

Dann denke ich an Essen im Ruhrgebiet, an den Porscheplatz, die Arbeitswoche mit Nollo am selbigen Platze vor etlichen Jahren und die geknetete Idylle vom graumelierten Engelspaar !






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